Ein 'vergessenes' Dorf
Fischerhaus im ehemaligen Fischerdörfl im Schloßpark Laxenburg |
Das „Fischerdörfl“
ist einer der ‚vergessenen‘ Plätze im Schloßpark Laxenburg. Nur wenige Besucher
verirren sich dort hin, obwohl gerade diese Stelle zu den besonders
romantischen Platzerl‘n im Park zu zählen ist. Ich geb‘s ja zu, ein Fischerdorf
ist dort auch wirklich nicht zu sehen, auch kein Fischerdörfl, nicht einmal
eine einfache Fischerhütte.
An einer Stelle,
gleich unterhalb der nach diesen ‚Fischerdörfl‘ benannten Brücke, zweigt vom
Forstmeisterkanal ein Wasserlauf ab, der sich danach in drei Arme teilt. Über
Felsbrocken ergießen sich munter zwei der Bächlein in verträumte, natürlich künstlich angelegte Wasserfälle.
Der Platz sieht einfach nur romantisch aus!
Um zu den kleinen Brücken zu kommen, die erst vor wenigen Jahren wieder neu errichtet wurden, muß man allerdings zuerst über die ‚grüne Wiese‘ latschen, denn ein befestigter Weg existiert nicht. Nach Überqueren der ersten Brücke kann man über eine weitere Brücke zu den Felsen und bis zum Forstmeisterkanal gelangen.
Im Gegensatz zur
Gegenwart war dieser Platz zur Zeit der Jahrhundertwende (vom 18. zum 19.
Jahrhundert) jedenfalls ein oft und vielbesuchter Ort.
Diese „Abzweigung“
vom Kanal war selbstverständlich nicht naturgegeben. Sie wurde genau geplant,
denn an dieser Stelle sollte ein „Fischerdörfchen“ entstehen. Die Idee dazu
wird der zweiten Gattin Kaiser Franz II./ I., der ideenreichen Kaiserin Marie
Therese zugeschrieben. Entstanden ist dieses Fischerdörfl 1798. In einem Dokument
im Haus- Hof- und Staatsarchiv (HHStA, SHLB, Fasz. 1, Nr 3/1798, 29. März 1798) kann man lesen:
„… In der Gegend des großen Kanals,
alwo Ihre Majestäten zu fischen pflegen, eine Paraque zum Unterstand für die
allerhöchsten Herrschaften, ein paar kleinere zu Retiraden, dann eine zur
Unterbringung der Fischerey-Gerätschaften und eine für die Fischerknechte nach
dem von Seiner Majestät benehmigten Plane errichtet.“
Johann Pezzl hat in
seinem 1807 erschienenen Buch „Die Umgebung Wiens, als zweyter
Theil der Beschreibung von Wien.“ diese Anlage recht genau beschrieben:
„Es enthält einen Fischertempel,
zwey etwas größere und in einiger Entfernung, unter Gebüschen, mehrere kleine
Hütten. Der ländliche und ärmliche Tempel besteht aus einer mit Rohr bedeckten
Kuppel, die auf acht ganz natürlichen Baumstrünken ruht; die Verzierung desselben besteht aus mehreren zum Fischfange nöthigen
Geräthschaften, als da sind: Fischreusen, Garne, bemahlte Ruderstangen u.s.w.
Die Stelle des Opfertisches versieht eine bedeckte Wasserkuffe. Das größere
Fischerhaus enthält ein sehr niedliches verziertes Zimmer, auf dessen Tisch die
ganze Anlage dieses Fischerdörfchens in Miniatur abgebildet ist. Die
Fensterladen sind mit Karrikaturen von niedrigen Leidenschaften bemahlt. Vor
dem Haus hangen an Bäumen verschiedene zur Fischerey gehörige Werkzeuge. Das
kleine Fischerhaus hat ebenfalls ländliche Verzierungen, und inwendig eine
bequeme Ottomane.“
Johann Pezzl erwähnte lediglich die Malereien auf den
Fensterläden des Fischertempels. Franz de Paula Gaheis interpretiert in seiner
Beschreibung dieses Fischerdörfchens (zu lesen in „Wanderungen und
Spazierfahrten in die Gegenden um Wien“, Wien 1807) sogar die
möglichen Bedeutungen dieser „Carricaturen“:
„Von außen stellen
die offenen Fensterbalken gemahlte Bilder, und diese Carricaturen vor, welche
vermuthlich die niedrigen Leidenschaften: Betrunkenheit, Trägheit, Zanksuchet,
Neid, Hoffart, uns so weit. Anzeigen.“
Außerdem erwähnt
und beschreibt Gaheis recht genau den originellen Luster, der in diesem
Fischerhaus gehangen hat:
„Der Hängeleuchter ist eine
gläserne Halbkugel mit Wasser, worin sich lebende Fische aufhalten.“
Sabine J. S.
Bardenhofer-Paul geht in ihrer an der Uni Wien eingereichten Diplomarbeit „A Museum, wo a gaunzes Dorf ausgstöllt is!“ näher auf das Tischchen
ein und interpretiert die dargestellten Objekte auf der Tischplatte:
„Auf der von Pezzl im Jahr 1807 zitierten Tischplatte kann man auch
heute noch das Fischerdörfel in einer Zeichnung Maria Theresia II. sehen: Vorne
rechts ist das Theresienlusthaus im heute noch bestehenden Eichenkreis zu
sehen. Der Pavillon auf der Lichtung links dürfte der Fischertempel sein, am
Bildrand links sind dachförmige Hütten, vermutlich die so genannten
Fischerbaracken, zu erkennen.“
Das mehrfach erwähnte Tischchen aus dem Fischerhaus ist bis
heute erhalten geblieben. Es befindet sich im Hofmobiliendepot (Möbel Museum
Wien) im 7. Wiener Gemeindebezirk. Das inzwischen schon sehr
restaurationsbedürftige Tischchen hat dort einen eher kümmerlichen Platz im
sogenannten „Laxenburgzimmer“ bekommen, wo auch andere Möbelstücke aus dem
Schloß Laxenburg und der Franzensburg bewundert werden können.
Kaiserin Marie Therese soll sich gerne im Fischerdörfl aufgehalten haben, um selbst zu fischen. Ein Brief vom 22. September 1806 an ihren Gemahl scheint das auch zu beweisen:
(HHStA, FA Sammelbände 41,Maria Therese an Franz II., Laxenburg, 24. September 1806, Fol. 27)
Und so kommt man
zum „Fischerdörfl“ ↓ Weglänge ~ 900 Meter
Es gibt auch eine schöne bunte Zeichnung der Erzherzogin, spätere Kaiserin, Leopoldine (1797-1826) die das Fischerdörfl sehr gut zeigt. Sie befindet sich in der Österreichische National Bibliothek unter der Signatur PK 477 - 85. Man vermutet sie stammt aus dem Jahr 1815 ungefähr. Sie ist auch online verfüfbar.
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