Quelle: „Der malerische Landschaftspark in Laxenburg bei Wien“, Géza Hajós, Lorenz Janscha, Prater in Laxenburg, um 1800, Foto H.Suck |
Sie haben viel Gemeinsames, der (Wurstel-) Prater in Wien
und der („Kleine“) Prater in Laxenburg. Beide entstanden inmitten ursprünglicher
Aulandschaften. Beide dieser Landschaften waren einst kaiserliches Jagdgebiet
und somit für die ‚Öffentlichkeit‘ nicht zugänglich. Beide Naß-Gebiete wurden
zum überwiegenden Teil trockengelegt. Und letztendlich: Beide Areale wurden unter
einem Kaiser, von Kaiser
Josef II für den Besuch und zur Erholung der ‚gewöhnlichen‘ Bürger
freigegeben.
Die Bürger in Wien erfuhren dieses Privileg per „Avertissement“
(also Ankündigung, Bekanntmachung…) in der ‚Wiener Zeitung‘ am 9. April 1766.
Das liest sich dort so:
„Es wird anmit jedermanniglich kund
gemacht, wasmaßen Se. kaiserl. Majest. aus allerhöchst zu dem hiesigen Publico
allermildest hegenden Zuneigung Sich allergnädigst entschlossen und verordnet
haben, daß künftighin und von nun an zu allen Zeiten des Jahrs und zu allen
Stunden des Jahrs, ohne Unterschied jedermann in den Bratter sowohl als in das
Stadtgut frey spazieren zu gehen, zu reiten, und zu fahren, und zwar nicht nur
in der Hauptallee, sondern auch in den Seitenalleen, Wiesen und Plätzen (die
allzu abgelegene Orte, und dicke Waldungen, wegen sonst etwa zu besorgenden
Unfugs und Mißbrauchs alleinig ausgenommen) erlaubet, auch Niemanden verwehrt
seyn soll, sich daselbst mit Ballonschlagen, Keglscheibn, und andern erlaubten
Unterhaltungen eigenen Gefallens zu divertieren: wobey man aber versiehet, daß
niemand bey solcher zu mehrerer Ergötzlichkeit des Publici allergnädigst
verstattenden Freyheit sich gelüsten lassen werde, einige Unfüglichkeit, oder
sonstig unerlaubte Ausschweifungen zu unternehmen, und anmit zu einem
allerhöchsten Mißfallen Anlaß zu geben. Wien den 7. April 1766.“
Also das mit „…
und zu allen Stunden des Jahrs, … frey
spazieren zu gehen …“ war vielleicht von dem mir unbekannten
Journalisten der ‚Wiener Zeitung‘ (…Innen hat es damals wohl noch nicht gegeben?)
etwas sehr ‚optimistisch‘ formuliert. Zuerst war nämlich das Areal des Wiener
Praters in den Nachtstunden noch fest versperrt. An Sonntagen durfte der Wiener
Prater sogar erst ab 10 Uhr betreten werden. Mag es sein man befürchtete seitens des ‚Amtsschimmels‘ (oder des ‚Hofes‘)
einen drastischen ‘Besucherschwund‘ bei den Frühmessen in den katholischen Kirchen?
Somit eine mögliche unangenehme Konfrontation mit dem Klerus? Wie auch immer. An
jeden Abend ‚erklangen‘ jedenfalls drei Böllerschüsse und die Besucher mußten darauf
den Prater wieder verlassen. 1774 verschwanden dann die in den Nachtstunden
versperrten Gitter rund um das Areal und erst von da an galt dann tatsächlich: „… und zu allen Stunden des Jahrs, … „
Gehört nicht
unbedingt hier her, aber auch den Schloßpark in Schönbrunn hat Kaiser Josef II
dem ‚Plebs‘, also ‚bürgerlichen‘ Besuchern zugänglich gemacht. Zumindest teilweise.
Das war allerdings erst im Jahre 1779. Schönbrunn ist für Besucher aber auch heute
noch nicht „… und zu allen Stunden des Jahrs, … „zugänglich. In Schönbrunn gibt es nach wie
vor reglementierte Besuchszeiten.
Viele Jahr vor Schönbrunn, schon im Jahre 1766, entschloß
sich Kaiser Josef II auch den Schloßpark in Laxenburg für ‚bürgerliche‘
Besucher zugänglich zu machen. Wie im Wiener Prater und in Schönbrunn hatten
sich natürlich auch in Laxenburg die Besucher damals, wie auch heute noch, an festgelegte
Regeln zu halten.
Also, ich halte
ja Laxenburg für das Größte. Für die schönste Marktgemeinde Österreichs,
Europas und weiterer Umgebung sowieso. Chauvinismus pur? Meint Ihr? Also, … vielleicht
ein wenig. Nun ja, wie könnte ich abstreiten, daß Wien eben ein klein wenig
größer ist als Laxenburg. Zuerst einmal flächenmäßig. Dann wohl auch in der
Anzahl dort lebender, hart arbeitender, Handel treibender, Waren erzeugender,
kreativ tätiger, insgesamt ehrbarer Menschen. Ach ja, auch Politiker beiderlei
Geschlechts gibt’s dort mehr. Und zum Glück ist ja auch heute noch Wien (nicht Brüssel
und nicht Berlin) so etwas wie die ‚Residenzstadt‘ der Alpenrepublik Österreich.
Außerdem … nun ja, ich liebe auch Wien, halt nicht gerade das
politische. Schließlich wurde ich dort geburtzelt. Für Neugierige: Ich
habe in Wien (wenn auch schon zu Ende der „Dreißigerjahre“ des vorigen
Jahrtausend) das Licht der Welt erblickt.
Und weil Laxenburg halt doch ein wenig kleiner ist, so war „er“
es halt auch. Der „kleine Prater“ in Laxenburg.
Vom „kleinen Prater“ ist im Schloßpark Laxenburg heute rein
gar nichts mehr zu sehen. Es gibt also keine „Vergnügungs-Einrichtungen“ mehr,
solche die der Prater in Wien in großer Vielfalt bietet. Auf dem Areal des
ehemaligen „Kleinen Praters“ in Laxenburg gibt’s heute (private) Reitpferde,
die in den ehemaligen k.k. Stallungen (seit nicht allzu langer Zeit von der Equisport GmbH & Co Kg betrieben)
untergebracht sind, Koppeln, ein Dressurviereck, gelegentlich ein Rudel Rehe
und … viel Botanik, jede Menge Natur.
Aber die Stelle wo er sich befunden hat, also sein
ehemaliger Standort, der ist sehr wohl bekannt. Der ist auf vielen alten Plänen
eingezeichnet und läßt sich auf eine ‚modernen Karte‘ (z.B. Google Earth) spielend
leicht übertragen.
Ausschnitt aus Plan von Viebeck (1813) |
Planausschnitt
aus einer Beilage zu einem Artikel von F.C. Weidmann in der „Wiener Zeitschrift
für Kunst, Literatur, Theater und Mode“ aus dem Jahre 1827
|
Wer sonst als Kaiser Franz I. und seine Gemahlin Marie
Therese könnten die „Erfinder“ dieser Anlage gewesen sein, die um 1799
entstanden ist. Vom ‚kleinen Prater‘ gibt es einige Beschreibungen zeitgenössischer
Autoren, aber auch noch Jahre später haben ‚Berichterstatter‘ diese Anlage
erwähnt. So schrieb zum Beispiel F.C. Weidmann in der „Wiener Zeitschrift für
Kunst, Literatur, Theater und Mode“ vom 2. Okt. 1827 über den kleinen Prater in
Laxenburg der, worin er ihn auch mit dem Prater in Wien vergleicht: „…
en miniature alles vereinigt, was der wirkliche Prater an Volksergetzlichkeiten
bietet“
Seinen Eindruck vom
‚kleinen Prater‘, kurz nach seiner Entstehung, soll uns Herr Franz Anton de
Paula Gaheis (*1763
in Krems an der Donau; † 1809 in Wien; Lehrer, Lokalhistoriker und Buchautor) schildern. In seinen „Wanderungen und
Spazierfahrten in die Gegenden um Wien“ aus dem Jahre 1807 schreibt Herr Gaheis:
„Hier finden sich Tische, Hütten,
Küchen, eine Kegelbahn, eine Stellage für türkische Musik, Schaukeln und ein
Lusthaus, dessen Dachvorsprung auf 8 Säulen ruht, und dessen oberes Stockwerk
durch Gläser beleuchtet wird, worauf in geschmackvoller Arbeit verschiedene
Figuren geschnitten sind. Die Wände zieren schöne Prospekte von den Anlagen des
Parkes z.B. das Caroussel, das Fischerdörfchen, das Haus der Laune, die
Einsiedelei ec. Seitwärts ist ein großer abgesonderter Wasenplatz, auf welchen
ein weitläufiges Feuerwerksgerüst empor steigt. Die Wirkung eines Feuerwerks
auf die Zuschauer der weit ausgedehnten umliegenden Gegend muß außerordentlich
seyn.”
Auch ein „Baumkabinett“
soll sich im Bereich dieses „Praters“ befunden haben. Zumindest wird ein
solches in vielen Berichten erwähnt. Eine Zeichnung von Laurenz Janscha, dessen
Zeichnungen ich in diesen Blogg schon mehrfach erwähnt habe, zeigt das auch
(könnte das auch zeigen): Aber die Zeichnung gibt nicht viel her. Ein seine
Äste breit ausladender Baum (Eiche?) ist zu sehen. Darauf, in geschätzten vier
Meter Höhe eine hölzerne, offene Plattform mit Geländer. Zu der führt eine
geschwungene Holztreppe empor. Viel Aussicht? Wohl eher kaum, wenn man die
Umgebung betrachtet. Aber damals war es eben eine Attraktion. Vor einem Jahr,
oder sind schon wieder zwei Jahre vergangen, wagte ich mich im Schloßpark
Schönbrunn, nein, im Tiergarten Schönbrunn über den „Baumweg“. Eine wackelige Angelegenheit, wenn man, so wie ich, ein wenig
Höhenangst nicht verleugnen kann. Aber ein „aussichtsreiches“ Erlebnis ist
dieser „Baumweg“ allemal!
Geza Hajos berichtet, also er zitiert in seinem wundervollen
Buch „Der malerische Landschaftspark in Laxenburg bei Wien“ erschienen 2006 auf
Seite 74 einen Herrn Vittorio Barzoni aus Mailand. Der hatte Laxenburg 1803
besucht und besichtigt und eine sehr ausführliche Beschreibung über die dort
befindlichen Parkanlagen und Gebäude gemacht.
Herr Geza Hajos schreibt: Barzoni 1815, S.
87-162. Die Übersetzung des italienischen Textes verdanke ich Frau Mag. Sara
Pancot …. Besonders lebendig ist die Beschreibung des „Praters“ in Laxenburg.“
Und dann zitiert Geza Hajos den Herrn Barzoni:
„Ich kam im kleinen Prater an. Eichen, Eschen, Weiden,
Buchen und Tannen formten einen dichten Wald. …. Die Pflanzen wuchsen, ohne daß
die Hand des Menschen die natürlichen Anormalitäten reguliert hätte. …. Über
einen Tisch mit vielen Jagdgeräten standen einige Bauern. Sie schlugen mit
Schlägern Kugeln aus getrockneter Erde gegen eine gegenüberliegende Burg.
Bauernmädchen schlossen Wetten ab, welcher von ihnen als erster die Kugel in
das Maul einer Bestie aus Holz treffen würde. Weiters befand sich dort eine
Waage, um das Gewicht der Menschen zu wiegen. In einem anderen Ort des Praters
fand ich vier Statuen von Schweizer Soldaten. Die Statuen waren so dargestellt,
als ob sie einen rechteckigen Zaun bewachen würden. Innerhalb dieses Zauns
befanden sich zwei Schiffe, ein Pferd und ein Wachturm aus Holz. Schiffe und
Pferd waren an einem Seil befestigt. Knaben und Mädchen schaukelten auf diesen
Schiffen und dem Pferd und versuchten inzwischen mit einer Lanze ein
unbewegliches Ziel. Das sich im Wachturm befand, zu treffen. ….. „
Aber nicht nur „einfache“ Parkbesucher frequentierten die
Einrichtungen des kleinen Praters. Auch hohe Herrschaften vergnügten sich dort,
wie ebenfalls bei Géza Hajós zu lesen ist:
„Am 30. August
schreibt Kronprinz Ferdinand in einem Brief an seine Mutter, Kaiserin Marie
Therese: Gestern Abends zeigte ich dem General Unterberger den Prater. Wir
unterhielten uns mit Vogelschießen, und ich traf glücklicher als die anderen. Von
da ging ich in das Fischerdörfl, welches dem Untersberger ausnehmend gefiel.“
Besucher des
kleinen Praters hatten es, vergleicht man es mit heutigen Gegebenheiten gut.
Sie mußten keinen Obolus für die Vergnügungen entrichten. Eine Anordnung des
Schloßhauptmannes (Michael Riedel) besagte:
„Für das Publikum zubereitete
Kögelbahnen, Schaukel-Maschinen und auch Vogelschüßplatz sind frei und
unentgeltlich. Es sei aber auf Anstand zu sehen und ist kein Lärm gestattet,
der Aufsehen erregt. Im Park zu fahren oder zu reiten ist allgemein verboten.
Ausnahmen bestehen für den Forstmeister, den Hofmedicus ect.“
Von den
verschiedenen Schaukeln, von der Kegelbahn, den Schießständen, Pavillons und
Gaststätten des kleinen Praters ist heute nichts mehr zu sehen. Sagte ich doch
schon.
Noch ein letzter Exkurs: Schon 1803 waren Vandalen im kleinen
Prater im Schloßpark Laxenburg am Werk, wie im Haus- Hof- und Staatsarchiv nachzulesen
ist:
„Im Dezember 1803 ist in dem
Hauptpavillon im sogenannten Prater „bei der mathematischen Waage, bei der
Retirade und bei der Hutsche, woselbst das Spielwerk mit den verschiedenen
Figuren angebracht ist, gewaltthätig eingebrochen worden.“ Die unbekannten
Täter sind auf der Seite der Parapluiallee rückwärts der dort stehenden
Kaffeehütte über den Gartenzaun eingestiegen. Sie beschädigten die Hutsche und
haben die Tür bei dieser aufgesprengt und eine Figur herausgerissen und
zerfetzt. Von da gingen sie zur Retirade, wo sie ein „Jaloufenster“ losmachten
und einen „Retirade Uiberzug samt den seidengralenen Flügeln“ entwendeten. Im
Hauptpavillon haben sie von den auf Leinwand gemalten Prospekten 2 Stück,
nämlich das Ritterschloß und die Kolonade von Schönbrunn darstellend, ganz
herabgerissen. Aus dem Bilde, das die Weinlese zu Vösendorf und aus jenem, das
eine Ansicht des Gartens zu Caserta darstellt, haben sie aus jedem ein Stück
von einem Quadratschuh aus der Mitte herausgeschnitten und ebenfalls mit sich
genommen.“ (HHStA, SHLB, Fasz. 1, Nr 7/1804, 2. Jänner 1804)
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