das burgherrliche Vogtzeichen
Quelle: „Der malerische Landschaftspark in Laxenburg bei Wien“, Géza Hajós, Seite 122, Die Rittersäule, lavierte Federzeichnung um 1815, Foto H. Suck |
Die „Rittersäule“, mitunter wird sie in der Literatur auch
als „burgherrliches Vogtzeichen“ oder „Jurisdiczionssäule“ bezeichnet, befindet
sich ganz in der Nähe der Fähre,
die der Großteil der Parkbesucher benützt, um auf kurzem Weg über das Wasser
zur Franzensburg zu gelangen. Man kann die Franzensburg natürlich auch per
längeren Fußmarsch über zwei Brücken erreichen. Ist anstrengender und dauert viel
länger, allerdings erspart man sich den „Fährlohn“.
Wenn Ihr zum Beispiel auf die Fähre warten müßt, oder aber durch diesen
Blogbeitrag neugierig geworden seid, so bietet sich ein kleiner Abstecher zu dem
imponierenden „burgherrlichen Vogtzeichen“ durchaus an.
Laut Mittelalter-Lexikon
ist ein Burgvogt (auch Burggraf oder Castellan) der Verteidiger und Verwalter
einer herrschaftlichen Burg und gewöhnlich „edelfreier“ Herkunft. Wißt ihr was
„edelfrei“ bedeutet? Also ich wußte es nicht. Aber wozu gibt‘s Wikipedia? Also könnte ich zum
Beispiel niemals, weil nicht „edelfrei“ … aber selbst wenn „edelfrei“ könnte
ich nicht, weil das „Martialische“ liegt mir nicht (das war schon vor mehr als
55 Jahren beim Bundesheer so). Zu den Aufgaben eines Burgvogts gehörte nämlich
auch das Kommando über die Leute die „ihre“ Burg mit Waffengewalt zu
verteidigen hatten. Zudem hatte er, der Vogt, auch die „Gerichtsgewalt“ in
seinem Verwaltungsbereich. Bedeutet doch „Juristictio“ sowas wie
Rechtsprechung, oder Gerichtsbarkeit, wenn ich nicht irre?
Zur Zeit ihrer Erbauung (1798), als der Baumbestand ringsum
noch nicht so hochgewachsen war, mag diese Säule auch einen imponierenden
optischen Eindruck hinterlassen haben (siehe Bild). Die Rittersäule steht, ein
wenig (sehr) versteckt auf einer inzwischen relativ klein gewordenen Lichtung
in einem schattigen Waldstück, von hohen Bäumen dicht umsäumt, und hat dadurch
– so scheint es mir – sehr viel von ihrer ehemaligen Wirkung verloren.
Auch die Proportionen des Objekts stimmen für mich nicht
harmonisch überein. Der mächtige Sockel mit den beiden riesigen Löwen, die, wie
auch die aus Stein geformten „Brüder“ der Löwenbrücke, von Wilhelm Beyer
stammen, paßt irgendwie nicht zu der zierlichen, im Verhältnis viel zu kurzen
Säule, an deren Spitze ein armer Rittersmann Wache steht. Der Größe nach zu
urteilen, scheint er zwar dem Kindesalter noch nicht entwachsen zu sein, oder
die Perspektive täuscht, oder …
Quirin Ritter von Leitner berichtet in seiner „Monographie
des kaiserlichen Lustschlosses“ aus dem Jahre 1878 über das „ökonomische
Bestreben“ des Schloßhauptmannes Michael
Riedl. Der nämlich soll alles von dem aus Burgen, Schlössern oder Klöstern „gespendeten“
Material, das er bei der Franzensburg nicht gebrauchen konnte, bei anderen
Objekten im Park verbaut haben. So stammen die grauen Marmorteile der Säule des
Objekts von der „Capella
Speziosa“, die übereinstimmenden Quellen zufolge der erste bedeutende
Sakralbau in Österreich gewesen ist. Eine fachübergreifende Forschungsarbeit
von Kunsthistorikern und Raumplanern, in Verbindung mit modernster
Computertechnik, ermöglichte die digitale Rekonstruierung und Visualisierung dieser
berühmten, von Leopold dem Glorreichen im Jahre 1222 zu Ehren des Heiligen
Johannes des Täufers erbauten Fürstenkapelle in Klosterneuburg. Im Jahre 1787
wurde diese Kapelle entweiht und verfiel zusehends. 1799 wurde sie abgebrochen
und Probst Florides von Klosterneuburg schenkte die Bauteile der Kapelle Kaiser
Franz I. zum Bau der Franzensburg. Der größte Teil dieser ehemaligen Capella Speziosa
wurde dann auch zur Ausstattung der Kapelle und des Speisesaales in der
Franzensburg verwendet.
Zurück zur Rittersäule. Der mit schweren Eisengittern
verschlossene Raum im Postament ist heute leer. Franz Carl Weidmann berichtet
in seinem 1853 erschienen Buch „Die
Umgebungen Wiens, historisch – malerisch geschildert“ wie die Rittersäule zu
seiner Zeit ausgesehen hat:
„...
Rittersäule, dem Vogtzeichen des Burgherrn. Die Säule erhebt sich auf einem
kollosalen Piedestale. Auf dem Knauf steht die Bildsäule eines Gewapneten. Im
Piedestale ist eine Halle, in welcher man die Büsten mehrerer Fürsten aus
Habsburgerhause, von Carrara-Marmor, erblickt, in Nischen aufgestellt. Oben auf
dem Piedestale stehen zwei Löwen von Beyer. Die einzelnen Theile der Säule
trugen einst den Chor der Capella speciosa in Klosterneuburg, und sind über 600
Jahre alt.“
Im Jahre 2014 wurde die Rittergruft renoviert. Also der
Innenraum wurde zumindest gesäubert (natürlich stehen nach wie vor keine Büsten
aus Carrara-Marmor in den Nischen J ) und das Objekt samt Löwen vom Staub und Ruß
der Zeit befreit.
… und dort ist die Rittersäule
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