Wegweiser zum Haus der Laune
„Jetzt
wallete unser Zug über eine leichte Bogenbrücke auf das jenseitige Ufer des
Kanals. In Kurzen stießen wir links auf eine Wachhütte, welche wie ein Argus
über und über mit Augen bemahlt ist. Ein schönes Sinnbild der Wachsamkeit! rief
eine aus der Gesellschaft aus. Oder vielmehr der Schläfrigkeit des Wächters,
sagte ein anderer, indem die Hütte statt seiner sehen muß. Sie ist rund herum,
statt der Ketten, mit Aepfel, eingefaßt, die an dicken Spargelstengel
herabhängen. Zu oberst ist statt der Fama eine weibliche Figur mit
sternbesähtem Kleide und einem Geisbockkopfe zu sehen. In der Linken hält sie
einen Besen, in der Rechten ein Hirtenrohr, mit welchem sie zu blasen scheint.
An der Mündung hängt ein Schild mit der Aufschrift: Weg zum Haus der
Laune."
So
beschrieb Franz de Paula Gaheis in seinen „Wanderungen
und Spazierfahrten in die Gegenden um Wien“ aus den Jahren 1801, 1804 und 1807 nicht
nur den Weg zu dieser längst nicht mehr existierenden „Wachthütte“, sondern
auch diese selbst. Herr Gaheis erwähnt auch, daß er diese ‚Wachhütte‘ für „ein Meisterstück komisch-allegorischer Dichtung“ und „ein Werk, deßgleichen Europa nicht aufzuweisen hat“ halte.
Man
munkelt dieser kuriose ‚Wegweiser‘ zum ‚Haus der Laune‘ wie auch dieses selbst soll
von der zweiten Gemahlin Kaiser Franz II./I., der Kaiserin Maria Therese,
Prinzessin beider Sizilien, erdacht worden sein. Erbaut hat es jedenfalls der
k.k. Hofarchitekt Johann Ferdinand Hetzendorf von Hohenberg in den späten 90’er
Jahren des 18. Jahrhunderts.
Die
Frage stellt sich natürlich, zumindest für mich, wo sich denn dieses Objekt
befunden haben mag. Da neue Brücken entstanden, andere inzwischen nicht mehr
existieren, da Wege heute anders angelegt sind als sie Herr Gaheis seinerzeit vorgefunden
hat, ist die Frage nicht so leicht zu beantworten.
In
der Zeichnung von Lorenz Janscha und Johann Ziegler ist zu erkennen, daß sich
die Brücke oberhalb eines offensichtlichen Zusammenflusses zweier Bäche
befunden hat.
Ein
Plan aus dieser Zeit hilft uns weiter. Er stammt von einem Oberleutnant Czollitz und nennt sich
„Aufnahms - Brouillon vom Jahre 1803“. In dem kleinen Ausschnitt kann man den
Weg den Herr Gaheis genommen hat sehr gut nachvollziehen.
Deutlich
erkennbar sind die beiden Wasserläufe, deren Zusammenfluß und eine Brücke die
sich über den ‚unteren‘ Bach (die Schwechat) spannt. Auch das „Haus der Laune“
ist, als rote, kreuzförmige Markierung eindeutig zu erkennen. An etwa der
Stelle, die ich mit einem Pfeil markiert habe, muß sich demnach, folgt man der
Beschreibung des Herrn Gaheis, dieses seltsame „Wachthaus“ befunden haben.
Heute
sind sowohl die Wege, als auch die Brücke an anderer Stelle. Der Zusammenfluß
der beiden Bäche ist aber immer noch vorhanden und – wenn der Bach an dieser
Stelle zufällig von angeschwemmten Astwerk und Müll befreit ist – ist er ein
besonders reizvoller Anblick.
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