Das Haus der Laune
Ruine des 'Lusthaus im Eichenhain' |
„Kommissar
Rex“, das war ein superschlauer Schäferhund in einer Fernsehserie des ORF, hat
letztendlich dafür gesorgt, daß man im Frühjahr 2002, rechtzeitig vor den
Fernsehaufzeichnungen, sowohl den im Inneren der Ruine des ‚Lusthaus im
Eichenhain‘ befindlichen „Baumbestand“, als auch das umgebende Gebüsch
weitgehend entfernt hat. Ich nehme an die Fernsehleute haben das gefordert,
weil sie sonst weder Bewegungsfreiheit, noch freie Sicht auf Kommissar, oder
Hund, oder möglichen Täter, oder was auch immer, gehabt hätten. Danach, nach
den Dreharbeiten ist die Ruine mit einem Bauzaun umgeben worden.
Das obige Bild habe
ich zufällig im Winter 2001/02 aufgenommen. Noch vor der „Rodung“. Das Gebüsch
trägt, der Jahreszeit entsprechend, natürlich kein Laub, aber man kann sich unschwer
vorstellen, welch wirklich kümmerliches „Schattendasein“ die kärglichen
Mauerresten während der Sommermonate im dichten Blättergewirr gefristet haben.
Wer sich je die
Mühe gemacht hat dieses verfallene Mauerwerk zu umrunden, dem wird vielleicht
der eigenartige Grundriß aufgefallen sein und sich darüber gewundert haben. Ich
muß gestehen, mich hat er fasziniert. Der Grundriß des Hauses ist ein
unregelmäßiges Achteck, also ein Oktogon, an das vier nahezu quadratische
Kabinette angebaut sind. An der Rückseite, in einem etwas gerundeten Vorbau,
erkennt man das „Stiegenhaus“, das den Aufgang in den ersten Stock ermöglicht
hat.
Ja, und seit zwei,
mag sein auch drei Jahren, hat die „Betriebsgesellschaft“ eine der „Informationstafeln“
davor aufgestellt. Seither kann man (also besuchende Personen) wenigsten ein
wenig darüber lesen was diese von Jahr zu Jahr zunehmenden Verfall
preisgegebene Ruine einst gewesen ist.
Wer auf Grund dieses
kurzen Textes wirklich eine Vorstellung davon hat wie diese
‚Architekturkarikatur‘, wie dieses ‚kuriose und rätselhafte‘ Gebäude zur Zeit
seiner Erbauung ausgesehen hat, wer sich wirklich die ‚verkehrte Welt und
allerlei Kurioses‘ vorstellen kann, dem gebührt meine allertiefste Bewunderung.
Aber immerhin, man hat sich bemüht und ehrlich gesagt, auf so einer kleinen
Tafel das ‚Haus der Laune‘ auch nur annähernd zu beschreiben, das ist völlig
unmöglich.
Die
hinter Bäumen und Laubwerk versteckten und schon ziemlich verfallenen
Mauerreste sind der traurige Rest des einst (europaweit) berühmten ‚Haus der
Laune‘. Mit „einst“ meine ich die sehr kurze Zeitspanne zwischen der Erbauung 1798
und der Zerstörung 1809. Da wurde, unter anderen Einrichtungen im Schloßpark,
auch das „Haus der Laune“ durch die unter Napoleon siegreichen französischen
Soldaten zerstört. Der damalige Schloßhauptmann Michael Riedl hat darüber geschrieben:
„… die Gartenmayerei, und das Haus der
Laune sind geplündert worden. Im letzeren haben sie sehr vieles muthwillig
zerstört!“
Ich
hab‘ das ja schon oft gemacht, aber wollen Sie, wollt Ihr, wollen wir zusammen
einen geistigen Sprung in die Vergangenheit wagen? Ja? Also, dann schließen wir
ganz fest unsere Augen, konzentrieren uns und denken uns zurück in das erste
Jahr des gerade beginnenden 19. Jahrhunderts. Wir schreiben 1801. Angekommen?
Langsam
öffnen wir die Augen und stehen in ungewohnter Kleidung inmitten einer
Gesellschaft von Parkbesuchern, der auch ein gewisser Herr Franz de Paula
Gaheis angehört. Vor uns steht ein merkwürdiges, ein geradezu kurios anmutendes
Gebäude. Ein Haus das rundum Staunen hervorruft. Es ist das „Haus der Laune“.
[Herr Lorenz Janscha hat in einem seiner wunderschönen
Aquarelle festgehalten, wie das Haus der Laune ausgesehen hat. Die Albertina in Wien ist im Besitz des Bildes. Weil mein pekuniärer Hintergrund (J) es nicht erlaubte die Lizenzrechte dafür zu erwerben hatte ich ursprünglich in einem Link auf die Heimseite der Albertina verwiesen. Der funktioniert inzwischen allerdings nicht mehr. Daher … so hat es ausgesehen]
Quelle: "Der malerische Landschaftspark in Laxenburg
bei Wien", Géza Hajos, Seite 184, Lorenz Janscha, „Haus der Laune in
Laxenburg", Aquarell um 1800, Foto H. Suck |
Der Architekt Johann Ferdinand Hetzendorf von Hohenberg hat es in den späten 90’er Jahren des 18. Jahrhunderts entworfen und erbaut. Man munkelt allerdings, daß sich Ihre Majestät, die Kaiserin Marie Therese, also die zweite Gemahlin Kaiser Franz II. das Ganze ausgedacht haben soll. Das muß schon eine Frau mit viel Phantasie und sehr wundersamen Ideen gewesen sein! Annedore Brock schreibt in ihrer Dissertation „Das Haus der Laune im Laxenburger Park bei Wien“ über Kaiserin Marie Therese:
„In Ermangelung schriftlicher Quellen Hohenbergs kann sein Bezugnehmen
auf diese Zeit nur mehr an Hand der ausgeführten Projekte nachvollzogen werden.
Daß der romantische Geist in Laxenburg vor allem auf Marie Therese
zurückzuführen war, läßt sich an Hand von Briefen und biographischen Fakten –
besonders aber an Hand der Reaktionen ihrer Zeitgenossen nachvollziehen, die
überwiegend negativ gegenüber der Kaiserin waren; da diese Reaktionen aber aus
dem Lager der aufklärerischen, rationalen Gesinnung stammen, die der Romantik
insgesamt ablehnend gegenüber standen, bestätigt sie indirekt die romantische Gesinnung
Marie Thereses. … „
Herr
Franz de Paula Gaheis, für mich ein begnadeter ‚Beschreiber unbeschreiblicher
Dinge‘ und Buchautor, der seine Eindrücke über dieses ‚launige Haus‘ in seinen
„Wanderungen und Spazierfahrten in die
Gegenden um Wien“ im
Jahr 1801 niedergeschrieben hat, soll uns das „Haus der Laune“ beschreiben. Ich
weiß, die Geschichte von Herrn Gaheis ist ziemlich lang, doch ich glaube sie
ist es dennoch wert, der Anschaulichkeit halber, hier in voller Länge
wiedergegeben zu werden.
Herr
Gaheis beginnt seine Beschreibung bei dem sogenannten Wachthaus (darüber werde
ich noch in einem gesonderten Beitrag berichten, hoffe ich), einem um nichts
weniger sonderbaren Gebilde, das sich in geringer Entfernung vom Haus der Laune
befunden hat:
Jetzt
wallete unser Zug über eine leichte Bogenbrücke auf das jenseitige Ufer des
Kanals. In Kurzen stießen wir links auf eine Wachhütte, welche wie ein Argus
über und über mit Augen bemahlt ist. Ein schönes Sinnbild der Wachsamkeit! rief
eine aus der Gesellschaft aus. Oder vielmehr der Schläfrigkeit des Wächters,
sagte ein anderer, indem die Hütte statt seiner sehen muß. Sie ist rund herum,
statt der Ketten, mit Aepfel, eingefaßt, die an dicken Spargelstengel
herabhängen. (Herr Gaheis versucht in einer Fußnote anzumerken was unter
‚Laxenburgespargel‘ zu verstehen ist. Ich laß das, und summe leise ein Lied der
Comedian Harmonists vor mich hin „Veronika, der Lenz ist da…“) Zu oberst ist statt der Fama eine weibliche Figur
mit sternbesähtem Kleide und einem Geisbockkopfe zu sehen. In der Linken hält
sie einen Besen, in der Rechten ein Hirtenrohr, mit welchem sie zu blasen
scheint. An der Mündung hängt ein Schild mit der Aufschrift: Weg zum Haus der
Laune.
Da ich
diese ganze Anlage nicht für bloses Spielwerk, sondern für ein Meisterstück von
komisch-allegorischer Dichtung, und überhaupt für ein Werk halte, deßgleichen
Europa nicht aufzuweisen hat, so sey es mir erlaubt, theils meine eigene,
theils meiner Begleiter Deutungen einzelner Allegorien nur hie und da
beyzufügen. Denn das Ganze scheint mir einen so hohen, feinen und vielfassenden
Sinn zu haben, daß ihn außer dem Künstler vielleicht Niemand vollständig
erklären kann. Diese Wachhütte sollte sie nicht das Sinnbild der Unmäßigkeit
und Geilheit und ihrer Folgen, der Unwachsamkeit über sich selbst, des
Aberglaubens (Besen), der Thierheit und des launischen Wesens vorstellen?
Verwundernd
betrachteten wir das Haus der Laune, das von hier aus in einer sonderbaren
Architectur in die Augen fällt. Der Platz wird von Hellebarden mit auswärts
gerichteten Spießen umgeben. (Wer kann sich einem Launichten nähern, ohne
verwundet zu werden?) Das Gebäude ruhet stellenweise auf Felsen, der mittlere
Theil wird von Insignien der Ernte umgeben, das Dach ist mit Honigfladen und
Wachs bedeckt, die Verzierung derselben wird durch Zuckerhüte gebildet. Statt
der Windfahne sind zu oberst mehrere Ballons angebracht. (Ist nicht dieses
Ganze das Bild des Ehrgeizes? Der Grundcharacter ist felsenfest gewurzelt, er
nähret sich mit Künsten und Wissenschaften, deren Attribute innwendig gerade da
sind, wo von außen die Korngarben erscheinen, sein Äußeres ist, um seinen Zweck
zu erreichen, wie Zucker und Honig, allein sein Gehirn ist berauscht – unter dem Dach der Keller – mit den Fantasien der Ehre, die
ihn wie ein Ball mit jedem Winde hin und hertreiben.) Wir umgingen zuerst die
ganze Außenseite. Die Bauart von unten ist ägyptisch und gothisch, die
Balustrade wird durch Hunde und Katzen (das Bild der Uneinigkeit) vorgestellt.
An den vier Seiten sind eben so viele Thürme. Der eine stellt eine Festung vor,
der andere einen Vogelbau, der nächste ein Modell vom Paradeplatz auf der
Burgbastey, und der letzte ein Taubenhaus. (Wir erschöpften uns in
Muthmassungen über ihre Auslegung; aber umsonst). Ein runder Thurm, wie sie bei
allen Festungen vorkommen, ist von unten bis oben allegorisch. Zu unterst sind
Grabesurnen mit Hyeroglyphen; über diesen halbverschlossene Fenster von
Mönchszellen, und weiter hinauf mit Blumen verzierte Köpfe von Opferthieren zu
einer Hekatombe. (Die Deutung dürfte hier leichter seyn; da sie aber
beleidigend für den Stand ausfallen könnte, der, wenn er das ist, was er seyn
soll, Ehrerbietung verdient, so wollen wir sie zurückhalten. Nur an Zimmermanns
Werk über die Einsamkeit darf man hier erinnern).
Vor dem
Eingang bemerkten wir ein matt brennendes Opferlicht und eine ausgelöschte
Wachsfackel abgemahlt. (In Beziehung auf die im Erdgeschoße angebrachten
Cabinete, könnte es das erloschene Licht der Vernunft anzeigen).
Im
ersten Cabinete zur Rechten ist die Putzsucht recht ausdrucksvoll symbolisirt.
Ein Budel trägt ein leeres Pudersäckchen, zwey Affen halten die Puffer, ein Bär
den Spiegel, ein Hund den Pudermantel, ein schwarzer Budel den Kamm, ein weißer
das Stecknadelkissen. Man bemerke an den farbigen Fenstern die künstliche
Glaserarbeit, worin die zur Toilette gehörigen Gegenstände sehr anziehend
abgebildet sind.
Diesem
Cabinete gegenüber ist die Retirade, welche ein durchaus nettes Gemach
vorstellt. Nicht ohne inhaltsvollem Sinne ist hier ein pedantischer Medicus,
eine Kammerfrau, eine Gouvernante mit seinem Kinde, und ein die Zeitung
lesender Abee, alle mit Carricatur-Gesichtern, in Lebensgröße dargestellt.
In
einer anderen Ecke ist das Confect-Zimmer angebracht, worin an den Fenstern die
Farben der verschiedenen Weinsorten nicht unbemerkt zu lassen sind. Gegenüber
ist die Küche. Sie stellt P. Kochems Hölle vor; während einige Teufel durch die
Flammen fliegen, sitzen andere auf dem Feuerherd und – spielen Karten.
Der
mittlere Sahl könnte ein Tempel der Spielsucht seyn. Alle Attribute des Spieles
(welcher Teufel für manche Menschen!) sind hier als Verzierung angebracht. Die
Bordur an der Mahlerey und an den Sesseln ist sehr kunstreich aus
Kartenblättern gestaltet, den Tisch stellt ein Billard vor, den Luster bildet
eine Zusammensetzung von allen Arten Ballen. Die Uhr ist mit Karten, Würfeln,
Pallästern und anderen Spielrequisiten sehr schön geschmückt.
Eine
Stiege mit bunt bemahlten Staffeln führte uns in das erste Stockwerk.
Der
Sahl stellt den Tempel der Tonkunst vor. Auf der Wand sind lauter Titelblätter
zu Stücken von berühmten Tonsetzern beyderlei Geschlechts und von jeder Nation
abgemahlt. Von einigen sind ganze Häfte zum Umblättern an der Wand. Sogar die
Sesseln und Tische bestehen aus Blasinstrumenten und der Kronleuchter ist eine
kleine Pauke, an welcher rundherum Waldhörner die Leuchter vorstellen. Die
Quaste bildet eine Sackpfeife (Dudelsack). Hinter der Thür lehnt ein Violon,
welche zugleich als Musikalienkasten gebraucht werden kann. Sogar auf dem
Fußboden liegen beschriebene Notenblätter herum, doch ohne daß sie weggeräumt
werden können.
Ein
Neben-Cabinet stellt ein kleines Bibliothek-Zimmer vor. In den Bücherschränken
sind auf der Rückseite der Bücher die Titel der neuesten und besten Werke zu
lesen, die Wände sind sehr komisch mit den hundert Gestalten der Broschüren
Deckel bemahlt, auf dem Fußboden liegen einzelne Blätter und Brief-Couverte
herum. Der obere Theil ist mit Büsten von Gelehrten besetzt, den Luster stellt
sinnreich ein Globus vor.
Noch
ist ein Cabinet mit den kostbarsten englischen Kupferstichen ausgeziert. Auf
der Außenseite des Hängeleuchters sind verschiedene Stellungen einer Tänzerin
dargestellt. Ob es Vigano oder Vestris sey, konnten wir nicht ausmachen.
Das
nächste Zimmerchen ist mit künstlicher Stroharbeit austapeziert. Die Stelle des
Lusters nimmt ein niedliches Körbchen mit Stroh ein.
Die
Deutung aller dieser Gemächer des ersten Stockwerkes? Ist schwer! Wollte man
das Musik- Bücher- und Bilderzimmer als Symbol der höheren Leidenschaften
ansehen, die so oft nur mit ausgedroschenen Stroh oder mit einem Körbchen
lohnen, da die unteren Leidenschaften – die im Erdgeschoß vorgestellten – zur Höllenplage führen: so wäre zwar etwas gesagt; aber ob es
die Meinung des Künstlers ist, das müssen wir dahin gestellt seyn lassen.
Eine
leichte, schmale, nur für eine Person geräumige, mit Guirlanden auf das
geschmackvollste gezierte Treppe führt auf den Dachboden. Die farbigen Fenster
an den Seiten werfen eine so magische Beleuchtung auf die auf- und absteigenden
Personen, daß man sich des Gedankens an Jacobs Himmelsleiter nicht erwehren
kann. Ganz überraschend ist es, in dieser Höhe von 31 Staffeln über dem ersten
Stockwerk einen Weinkeller mit einer Presse zu finden. Da liegen rundherum
Weinfässer von allen Gattungen, auf einem sitzt eine Katze, auf dem anderen
springt eine Ratte, dort steht eine Mausefalle, in den Ecken und
Seitenschränken sind Krüge, Gläser, Brot, Flaschenkeller, Heber und alle
Keller-Requisiten zu sehen; an dem größten der Fäßer lehnt eine Leiter, in
einer anderen Gegend bemühen sich Faßzieher, ein volles Faß auf die Ganter zu
bringen; dieses Faß hat vorne einen Heiligen aufgeschnitzt, auf jenem steht:
Anno
Domini : oder Mutterfaßl oder : der 13. Apostel : auf einem anderen:
All’s
versoff’n vor sein End
Is a
richtig’s Testament.
So
hab’n die Advokaten kann Rebach.
Aus den
Dachfenstern, die von innen nicht viel größer, als Kellerlöcher sind, ist eine
entzückende Aussicht in die Gegend umher. So wie man im Keller vergißt, daß man
sich auf einer Turmhöhe befindet, so vergißt man bey dieser Aussicht, daß man
in einem Keller ist.
Mit
Gefühlen, für deren Bezeichnung die Worte nicht eben so geschwind vorhanden
sind, verließen wir dieß Meisterstück von
dem Genie des Herrn Hof-Architecten von Hochenberg. Wir lernten ihn in
verschiedenen seiner Werke, vorzüglich in der Colonuade und im Obelisk zu
Schönbrunn als einen Künstler von ausgezeichneten Geschmacke kennen; hier aber
erscheint er noch überdieß als philosophischer Dichter in seinem Fache. Mit
Bewunderung umgingen wir noch einmahls das ganze Gebäude, suchten in unsere
Deutungen Einheit zu bringen (jemand aus der Gesellschaft wollte das Gebäude
als eine sinnliche Darstellung des österreichischen Characters ansehen; ein
anderer für das Bild des Hoflebens, noch ein anderer für eine Satyre auf das
menschliche Leben überhaupt; und jeder hatte gute Gründe dazu); aber keinem aus
uns gelang es ein zusammenhängendes Ganzes herauszubringen. Doch waren wir alle
der Meinung, daß diese Anlage in der Baukunst den Rang verdiente, welche in der
Dichtkunst Buttlers Hudibras, Stere’s Tristram Shandy oder Cervantes Don
Quixote einnimmt.
Soweit
also die phantastische Schilderung von Franz de P. Gaheis. Lange hatten damalige
Besucher von Laxenburg allerdings keine Gelegenheit, dieses weit über die
Grenzen Österreichs bekannte und sehenswerte Gebäude zu besichtigen. Wie schon erwähnt,
wenige Jahre nach seiner Erbauung wurde das Bauwerk im Kriegsjahr 1809, wie
viele andere Objekte im Schloßpark auch, von den in der Schlacht bei Aspern
siegreichen Franzosen nahezu restlos zerstört.
Doch
zurück zum Ursprung. Dieses kostbare „Haus der Laune“ konnte tatsächlich schon
kurz nach der Errichtung, 1798, also in den letzten Jahren des 18. Jahrhunderts von Parkbesuchern besichtigt
werden. Und natürlich wurde es deshalb auch bewacht:
„Für die zur
Bewachung des Hauses der Laune beorderte Militärmannschaft werden für die
Wintermonate 6 Klafter weiches Holz zur Beheizung der Wachstube und das nötige
Öl anzuschaffen beantragt“(HHStA, SHBL, Index „G-N“, p. 1/1798).
Und
auch Reparaturen wurden bereits vorgenommen und sind in kleinsten Details
dokumentiert.
1798:
„Im Haus der Laune wurden 24
Fensterladenflügel mit 62 aufgesetzten Band Vordertheilern, 10 Schubriegel mit
Kapseln und Schaftklöben, dann 18 Vorreiber samt Bügel angeschraubt“ (HHStA, HBA, Bd. 137,
81/134).
1799: „Im Haus der Laune auf der Stiegen werden 2
Fensterflügel mit 6 neuen aufgesetzten Banden samt Steften, dann 4 neue 3/0
langen Einfanghagln mit Kloben, dann 6 extra Kloben und 2 Anhänghagln 6/0 lang
mit Kloben angeschaft“ (HHStA, HBA, Bd. 137, 14/16).
1801: „Anzeige des Bauschreibers Knorr über die durch den
Sturmwind geschehenen Beschädigungen am Haus der Laune mit dem Auftrag zur
Reparatur derselben“
(HHStA,
SHBL, Index „G-N“, p. 7/1801).
Nach
der Zerstörung des ‚Haus der Laune‘ im Jahre 1809 schien es vorerst einmal
vergessen zu sein. Von 1809 bis 1812
ließ man die Ruine einfach stehen wie sie war. Danach erst begann man über eine
Neuerrichtung des Gebäudes nachzudenken. An einen Neuaufbau im Stile des ‚Haus
der Laune‘ war aber nicht mehr gedacht. Wohl auch wegen des Todes von der „Erfinderin“
des ‚Haus der Laune‘, Maria Therese, sie war 1807 verstorben, aber auch der
enormen Kosten und des Wandels des Zeitgeistes wegen. Die ‚neue‘ Kaiserin,
Maria Ludoviva, hatte auch andere Ideen, was sicher wiederum den Kaiser
beeinflußt haben mag. Auch Franz I (1804 begründete er das erbliche Kaisertum
Österreich und am 6. August 1806 dankte er als Kaiser Franz II. des ‚Heiligen
Römischen Reiches‘ ab) schloß sich der Meinung der Fachleute an und wollte
schließlich ein „schicklicheres“, schlichtes Lusthaus.
1812
wurden Pläne zur Umgestaltung des zerstörten Gebäudes durch den Architekten Alois
Pichl erstellt und dazu gab es einen kaiserlichen Auftrag:
„Sie
werden die Pläne sowohl als den Aufsatz der Akademie der bildenden Künste zur
Prüfung mittheilen und mir das Resultat derselben, so wie die Kosten
Überschläge vorlegen. Franz m.p.“ (HHStA, OMeA, Prot. 70,
Nr. 283/1812, 11. Februar 1812)
1814 hieß es dann:
„... das im Jahre 1809 zerstörte Haus
der Laune soll auf allerhöchsten Befehl nach dem von Sr. Majestät genehmigten
Plan auf der Außenseite sogleich umgestaltet und bis halben September in
fertigen Stand gebracht werden.“ (HHStA, SHBL, FASZ. 19,
Nr. 284/1814, 31. Juli 1814)
Ein Beleg, einzusehen im Haus- Hof- und Staatsarchiv in
Wien, berichtet: über einen Befehl Kaiser Franz I.
„Das ehemalige Haus der Laune,
welches nunmehr auf der Außenseite in ein solides Garten Lusthaus umgestaltet
ist, soll nach allerhöchstem Willen Sr. Majestät im Inneren auf eine ganz
einfache Art ausgemahlt und meubliret werde; den unteren Theil dieses
Lusthauses erlauben Sr. Majestät allergnädigst zum Unterstand für das Publikum,
der obere Theil bleibt für die allerhöchste Herrschaft vorbehalten.“ Dazu sind
3.000 fl [Gulden]
erforderlich.
Zur Möblierung des ehemaligen Haus der Laune wurden 5.000 fl veranschlagt, und
„Die innere Decorierung des – auf der Außenseite bereits in ein Gartenhaus
umgestalteten ehemaligen Hauses der Laune, wozu auf die Ausmahlung und
Meublierung des erdgeschosses und des oberen Stockes 5.000 fl angeschlagen
sind, muß auf Allerhöchsten Mündlichen Befehl seiner Majestät ebenfalls in dem
Militärjahr 1817 bewerkstelligt werden“. (HHStA, SHLB, Fasz. 21, Nr. 167/1816, 13. September 1816)
Aus dem berühmten Haus der Laune wurde schließlich ein
biederes „Lusthaus im Eichenhain“. Aber auch dieses dürfte durchaus noch
sehenswert gewesen sein. Gerhard Dützele von Coeckelberghe („Das k.k. Lustschloß Laxenburg,
Wien, 1846“) schreibt darüber:
„Dieses barocke, aber immerhin einen
tiefen Sinn habende Gartenhaus erlitt im J. 1809 zur Zeit der feindlichen
Invasion bedeutenden Schaden und wurde in seiner neuen heutigen Gestalt wieder eröffnet.
Dieses Lusthaus
besteht heute im Erdgeschoße aus einem eiförmigen Saale mit hoher Decke, und
mit vier in Kreuzform anstoßenden Gemächern, auf denen in der oberen Abtheilung
vier freie Erker (Balcone) das geräumige Mittelzimmer umgeben, und die
köstlichste Aussicht gewähren. Dieses Mittelzimmer ist, in ländlicher
Einfachheit, höchst geschmackvoll eingerichtet, während den unteren Saal eine
Folge trefflicher Gemälde schmückt, die acht Hauptansichten des Parkes
vorstellend, und daher gleichsam ihn selbst in einem täuschenden Auszuge
enthaltend.“
Noch um die
Jahrhundertwende (vom 19. zum 20. Jahrhundert) präsentiert sich das „Lusthaus
im Eichenhain“ in halbwegs guten Zustand.
'Lusthaus im Eichenhain' um 1900 (Gemeinde Laxenburg) |
Doch das weitere Schicksal
des Gebäudes war noch nicht besiegelt. Im zweiten Weltkrieg wurde das ‚Lusthaus
im Eichenhain‘ bis auf die Grundmauern zerstört.
'Lusthaus im Eichenhain' 1955 (Gemeinde Laxenburg) |
Nach
dem Zweiten Weltkrieg, nach Abzug der russischen Besatzungsmacht, konnte man
immerhin noch die Konturen des Hauses, mit erstem Stock und Dach erkennen. Es
ist mir schon klar, daß man damals, ganz andere Sorgen gehabt hat, als eine an
sich „wertlose“ Ruine vor weiteren Verfall zu bewahren. Aber schließlich kam
irgendwann auch die Zeit des „Wirtschaftswunders“. Ob es auch dann noch
unbedingt nötig war dieses Denkmal derart verfallen zu lassen, daß von seiner
ursprünglichen Form und Schönheit rein gar nichts mehr zu sehen ist?
Im
Wintersemester 2002/2003 haben Studenten der TU Wien eine Studie über Restaurierung
und/oder Wiederverwertung dieser Ruine erstellt. Die Ergebnisse der Studenten
wurden später im Museum Laxenburg präsentiert. Sogar eine Diplomarbeit ist aus
dieser „Machbarkeitsstudie“ hervorgegangen (Sitte Kersten hat sie geschrieben:
“Parkcafé Haus der Laune im Laxenburger Schlosspark“ [C.J.K.] Diplomarbeit 2003).
Ein
(wenn auch völlig unzureichender) Versuch den weiteren Verfall meiner
„Lieblingsruine“ zu verhindern wurde dennoch unternommen: Die offene Mauerkrone
wurden rundum mit „Dachpappe“ abgedeckt und diese mit losen Ziegelsteinen
beschwert. Inzwischen ist diese „Dachpappen-Sicherungsmaßname“ längst den
Wetterunbilden zum Opfer gefallen. Ob, und wenn ja in welcher Form an eine
Verhinderung des weiteren Verfalls, oder gar einer Wiedererrichtung gedacht
ist, das steht weiterhin in den Sternen.
Die
Mauerreste, die man heute besichtigen kann, sind also der traurige Rest aus
‚Haus der Laune‘ und ‚Lusthaus im Eichnhain‘.
Reste einstiger Malerei im 'Lusthaus im Eichenhain' |
Seit „Kommissar Rex“,
der Einzäunung und der Aufstellung der Informationstafel sind inzwischen Jahre
vergangen, der Bewuchs wird zwar klein gehalten, doch das Mauerwerk verfällt
zusehends. Den beteuernden, auch auf der Homepage der „SchloßLaxenburg Betriebsgesellschaft“
stehenden Worten. Kann ich daher keinen Glauben mehr schenken:
„Heute stehen leider
nur mehr die Grundmauern des Objektes. Die Schloss Laxenburg
Betriebsgesellschaft ist jedoch bemüht, mit Sponsoren dieses wertvolle Gebäude
wieder aufzubauen und eine zeitgemäße Verwendung zuführen zu können!“ (W.G.W.S)
Das
Wien Museum am Karlsplatz ist im Besitz eines Original-Modelles: Eines Modells
des „Haus der Laune“ in seinem ursprünglichen Zustand.
Zur
Eröffnung des „Museum Laxenburg“, nach dessen Umbau
und Ausbau, war dieses Modell erstmals zu Gast in Laxenburg. Bemerkenswert an
diesem Modell sind natürlich die originalen Farben. Erst die kuriose Buntheit
der Bemalung vermittelt einen Eindruck, wie dieses imponierende Haus früher auf
Besucher gewirkt haben muß.
Modell 'Haus der Laune' |
Im
Juli 2010 war das Modell neuerlich zu Gast im Museum Laxenburg. Von dort stammt
das obenstehende Photo.
Und so kommt ihr dort hin: Wegstrecke etwa 1 km
Und so kommt ihr dort hin: Wegstrecke etwa 1 km
Details vom Modell ‚Haus
der Laune‘
Thank you for sharing this! I wonder whether the model is displayed in the Wien Museum? Juja
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