Bereits 1791 wurde im Schloßpark Laxenburg ein „Turnier“
veranstaltet. Der damals 23-jährige Erzherzog Franz, Sohn des Regenten Kaiser
Leopold II hatte es veranstaltet. Natürlich nicht auf dem Turnierplatz im auch
heute noch so genannten ‚Rittergau‘. Weder Rittergau, noch Turnierplatz hat es damals
schon gegeben. Außer vielleicht, wer weiß das schon, in der ‚ritterlichen‘ Gedankenwelt
des Erzherzogs, der ja schon ein Jahr später seinem Vater als Kaiser Franz II
folgen sollte.
Auf einem Aquarell eines Hieronymus Löschenkohl aus dem Jahr
1791 ist dieses Turnier zeichnerisch dargestellt: Man sieht einen nicht
allzugroßen Reitplatz, eingefaßt von einem Holzgeländer. Entlang des Geländers
stehen Zuseher. Für die hohen Herrschaften ist an der Stirnseite des rechteckigen
Platzes eine Art überdachte Tribüne aufgestellt und dieser gegenüber etwas, das
ein wenig wie ein gotisches Tor aussieht. Wo diese (temporäre) Turnier-Staffage
aufgestellt war? Also sicherlich irgendwo im damaligen (noch wesentlich kleineren)
Schloßpark.
Geplant wurde der heutige
Turnierplatz, wie auch der gesamte Rittergau, im Jahre 1799. Ein „Bauprogramm“
aus diesem Jahre, betreffend einige neue Gartenanlagen hält fest:
Neue Gartenanlagen „…
auf den neu eingelösten Gründen an der Seite gegen Achau wurden in einem Plane
zur Genehmigung vorgelegt und bestehen aus der Ausgrabung eines Teiches, Errichtung
eines Turnierplatzes, Erbauung zweier Schleusen aus Quadersteinen, … „und das Oberstkämmereramt eröffnete, daß bei
diesen Bauwerken die allerhöchsten Befehle auf das Genaueste zu befolgen seien.
(HHStA, SHLB, Index „A-F/V“, p. 1/1799)
Fertiggestellt
wurde die Anlage 1802 und im Jahr darauf schreibt die damals 12 jährige
Erzherzogin Marie Louise (Maria Louise,
Erzherzogin, Kaiserin von Frankreich; *12.12. 1791 in Wien, †17.12. 1847 in
Parma) in einem Brief an ihren Vater, Kaiser Franz II. :
„Wir waren dieser Täge in dem
Turnierplatz wo daß Muster des Schlosses Habsburg ist man thut davon das Dach
aufheben und da ist eine Rolle mit Verse welcher dieser Schweizer über dieses
Schloß verfertigt hat. Es ist ganz zum zerlegen und ist sehr schön gemacht.
Gestern waren viele Leute heraußen in Ritterschloß waren zwey Geselschaften und
eine davon war sehr zahlreich, .... „
Die Größe dieses Turnierplatzes wird in mancher Literatur
mit einer Breite von 25 Metern und einer Länge von 50 Metern angegeben. Tatsächlichen
ist die Anlage, in Google Earth gemessen, aber annähernd doppelt so groß. Der
Turnierplatz ist rechteckig, etwa 100 Meter lang und ungefähr 50 Meter breit.
An der Stirnseite befindet sich die ‚Kaiserloge‘. Heute sind die Innenwände der
Kaiserloge kahl und leer. Doch einst waren sie mit Fresken bemalt die
‚Ritterszenen‘ darstellten.
Kaiserloge |
Jeweils in der Mitte der beiden Längsseiten ist eine Loge
für die ‚Richter‘ in die den Platz umgebende Mauer integriert und in jeder der vier
Ecken der Schmalseiten befinden sich Eingangs- oder ‚Einreittore‘ für die
‚Turnierteilnehmer‘.
Schiedsrichter Loge |
"Kaiser-Aufgang' |
Die Pfeiler der beiden Tore an der Seite der Kaiserloge sind
mit Ritterfiguren geschmückt.
Zwei dieser Ritterfiguren waren nach Abzug der
Besatzungsmacht, wie vieles andere im Schloßpark auch, desolat und mußte
erneuert werden. Der 1923 in St. Stefan ob Stainz in der Steiermark geborene
Bildhauer und Maler Josef Papst, der ab 1964 in Laxenburg beheimatet war, hat
die Ritterfiguren neu angefertigt. Es wird erzählt, daß Josef Papst einem der
Ritter sein eigenes Antlitz gegeben hat.
Josef Papst verstarb am 16. August 2010. Sein Grab befindet
sich am Friedhof in Laxenburg.
Die beiden der Kaiserloge gegenüberliegenden Tore tragen
anstelle von ‚Rittern‘ ‚Löwenfiguren‘ die Wappen in den Tatzen halten.
Früher wurde dieser große rechteckige Platz auch
„Carousselplatz“ genannt. Diese Bezeichnung trifft auch eher auf diese Art
Veranstaltungen zu, die dort abgehalten wurden. Obwohl der Turnierplatz zum
„Rittergau“ gehört, war er dennoch nie Turnierplatz im Sinne von
„Ritterturnieren“ wie wir sie vielleicht in Filmen gesehen haben. Carouselle
waren Reit- und Fahrveranstaltungen, bei denen die Protagonisten (Mitglieder
des Kaiserhauses und des Adels) ihre Reit- und Fahrkünste unter Beweis
stellten.
Über diese Anlage, die angeblich nach dem Turnierhof im
Schloß Rosenburg am Kamp angelegt wurde, schreibt Quirin Ritter von Leitner in
seiner 1878 erschienenen „Monographie des Kaiserlichen Lustschlosses Laxenburg“:
„Es ist dies eigentlich ein großer
Carrousselplatz, der alsbald nach seiner Erbauung, wenn auch nicht zu
Turnieren, wie seine Bezeichnung vermuthen ließe, wohl aber zu glänzenden
Aufzügen und Carroussels benütze wurde, unter denen jenes hervorgehoben zu
werden verdient, welches im Jahre 1810 am 25. August zum Namensfeste der
Kaiserin Maria Louise gegeben wurde, wobei der Kaiser und sämtliche Erzherzoge
mitritten, und zu dem der ganze Adel, das diplomatische Corps und über 10.000
Zuschauer erschienen waren. Glänzende Carroussels veranstaltete in diesem Raume
auch das Officierscorps von Palatinal-Husaren und später jenes des Cürassier-Regiments
Albert von Sachsen. Am 27. Juli 1841, gelegentlich der festlichen Eröffnung des
Gebäudes auf der Mariannen-Insel, wurde auf Befehl des Kaisers von der
Guerra´schen Kunstreiter-Gesellschaft auf dem Turnierplatz Carroussel geritten,
und hierauf ein römisches Wettrennen gegeben.“
Kultur und Museumsverein Laxenburg, Albert Riemensberg, "Carousselreiten auf dem Turnierplatz", 1818; Foto H. Suck |
Das obige Bild stellt ein
sogenanntes „Caroussel“, also ein Schaureiten zu Pferd dar. Im Hintergrund
erkennt man die „Kaiserloge“ und links und rechts an den Bildrändern die fahnengeschmückten
Logen für die (Schieds-) Richter. Deutlich erkennt man auch, daß der
Turnierplatz einst Zuseher-Galerien besessen hat. Die Steinfundamente dieser
Holzgalerien sind an manchen Stellen heute noch zu sehen.
Jährlich fand und findet auch
2016 (veranstaltet vom „forum
antiquum“) ein ‚Ritterfest‘ im
Schloßpark Laxenburg statt. Bereits 2015 war der Standort nicht mehr, wie all
die Jahre zuvor, der ‚Turnierplatz‘. Nicht alleine unter dieser
Veranstaltung, auch unter den Witterungseinflüssen und dem Mangel an Instandsetzungs-Arbeiten hat dieser historische Platz einigermaßen ‚gelitten‘. Die Anzahl der Querstangen aus Holz auf
dem auf der Mauer befindlichen ‚Geländer‘, das die Besucher vor einem Sturz auf
das wesentlich tiefer liegenden ‚Turnierfeld‘ schützen soll, sind von Jahr zu
Jahr weniger geworden. Natürlich weiß ich es nicht mit Sicherheit, aber ich möchte
annehmen, das Fehlen vieler dieser Stangen (ich habe zuletzt 12 gezählt) war
auch schon 2015 der Grund dafür das ‚Ritterfest‘ vom Turnierplatz an andere Stellen
des Parkareals zu verlegen.
Seit nunmehr 2 Jahren teilt
der Turnierplatz nun das Schicksal mit der benachbarten ‚Grotte‘, die
allerdings schon weitaus länger für Besucher unzugänglich ist: er ist
abgesperrt. Warum genau diese Absperrungen erfolgt sind? Das erfährt p.t.
Publikum nicht. Weder bei der ‚Grotte‘ und nicht beim Turnierplatz. Kein
schriftlicher ‚Anschlag‘, aber auch kein Wort davon auf der Heimseite der Schloß Laxenburg Betriebsgesellschaft.
Eine besondere Veranstaltung,
die so gar nichts mit Reiterei zu tun hat, fand am 6. September 1810 hier am
Turnierplatz statt. Leset und staunet: Hier am Turnierplatz fand schon zu
Beginn des 19. Jahrhunderts die erste „Flugshow“ statt. In Österreich, in
Laxenburg: ( à siehe Beitrag
„Flugschau in Laxenburg“ )
Jakob Degens
erstes
Aufsteigen mit der Flugmaschine
in Verbindung mit dem Luftballe
ohne Leitschnur
unternommen
in Gegenwart und auf Kosten Sr. Majestät
des Kaisers
aus dem Parke des k.k. Lustschlosses zu
Laxenburg
... und so kommt ihr dort hin ... (Wegstrecke ~ 1,3 km)
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