Montag, 4. April 2016

Moschee in Laxenburg


Die türkische Moschee,


  
Lorenz Janscha, Türkischer Pavillon in Laxenburg, Aquarell, um 1800, aus Geza Hajos 'Der malerische Landschaftspark in Laxenburg bei Wien' Seite 170, Photo: H.Suck


In seiner Regierungszeit hat KaiserFranz II./I. im Schloßpark Laxenburg auch einige sehr skurrile Objekte errichten lassen, von denen heute keine Spuren und kaum (mir zugängliche) Literatur vorhanden sind. Verschiedene Autoren aus dieser Zeit haben in ihren Beschreibungen des Schloßparks aber die Existenz dieser Gebilde nicht nur erwähnt, sondern zum Teil auch deren Aussehen recht genau beschrieben.

Eines dieser kuriosen Objekte war eine „Türkische Moschee“ ein – aus ethnischen ebenso wie theologischen Gründen – heute wohl nicht mehr zu vertretendes Objekt, das auch als Ringelspiel oder Caroussel bezeichnet wurde. Man muß dem Kaiser aber zugute halten, daß es erst etwas mehr als hundert Jahre her war, daß das damalige Osmanische Reich das Reich seiner Vorgänger angegriffen und die Stadt Wien in kriegerischer Absicht belagert hatte (zweite Türkenbelagerung 1683).

Die Türkische Moschee, 1797 von Gottlieb Nigelli (das war ein österreichischer Architekt, *1746 Wien, 1812 Wien) geplant und gebaut, wurde in Berichten und Wanderbeschreibungen sogar mehrfach erwähnt. Die Autoren Franz de Paula Gaheis und Josef Widemann haben sie eindrucksvoll beschrieben:
 
Gaheis weiß anläßlich eines Besuches von Laxenburg im Jahre 1801 darüber zu berichten:

„… In einer geringen Entfernung [vom „Chinesischen Teich“, der heute im Parkplan als Goldfischteich bezeichnet wird] trafen wir eine Türkische Moschee. Sie ist oben mit dem Monde geziert, und aus dem Thurme ruft ein Türk zum Gebethe, weil diese Nation keine Glocken gebraucht. Man geht auf steinernen Treppen hinan, und über dem Eingang ist eine türkische Inschrift. Das Innere dieser Moschee stellt ein Ringelspiel vor. Die Wände sind mit türkischen Insignien gezirt, und Pferde und Wagen, die von Sklaven gezogen werden, geschmackvoll ausgeführt. An einem Pfahl ist ein Türkenkopf als Ziel angebracht. Wenn er mitten auf die Stirn getroffen wird, so fällt er mit großem Geräusch in zwey Theile von einander. Diese wohlgerathene Anlage hat Herrn Nigelli zum Erfinder. ...“

Auch Josef Widemann berichte 1803 von der türkischen Moschee:

„… Das Zeichen des wachsenden Mondes strahlt weit in die Ferne von der Spitze des Türmchens, aus dem ein Türke sieben Mahle des Tages die Gläubigen zum Gebehte ruft. Eine kleine Treppe führt durch eine offene auf zwei Säulen ruhende Vorhalle zur Pforte, über welcher eine türkische Inschrift steht. Die Flügel rauschen auf, und man erblickt – ein Ringelspiel. Der Türkenkopf, der, wenn er auf die Stirne getroffen wird, sich öffnet, ist ein Werk des Herrn Hofarchitekten Nigelli. So eilt der Moselin andachtsvoll in seinen Tempel, und sieht statt Lehrern der Tugend und Wahrheit – rasende Derwische sich in mänadischem Taumel drehen. …“

Ein „nachhaltiger“, ein viele Jahre überdauernder Bau war die Türkische Moschee, offensichtlich nicht. Erst 1797 errichtet, mußten schon ein Jahr später, also 1798, Renovierungsarbeiten durchgeführt werden. Wasser war aus dem feuchten Boden in das Holzbauwerk eingedrungen und das ‚Ringelspiel‘ mußte trockengelegt werden. Im einen „amtlichen“ Dokument liest sich das so:

„Da der unterirdische Theil des Ringelspiels nur mit Ziegeln gepflastert ist und die erforderliche Anstossung mit blauen Tögl als der einzige Widerstand gegen das eindringende Wasser aus Unvorsichtigkeit gegenwärtig auf keine andere Art abgeholfen werden kann, als das das Ziegelpflaster aufgebrochen, der alte Tögl ausgegraben, ein frischer wohl abgearbeiteter mit aller Energie eingestossen und der ganze unterirdische Theil mit harten abgefalzten in Wasserkütt versetzten Steinplatten bedeckt werde.“ (HHStA, SHLB, Fasz. 1 (Akten 1798-1804), Nr 4/1798, 26. März 1798)

Nur zwei Jahre später, 1799, mußte die Türkische Moschee neuerlich wegen massiver Wasserschäden repariert werden. Zuletzt wurde das Bauwerk in Berichten aus dem Jahr 1807 erwähnt (Joseph Oehler und Johann Pezzl).

Natürlich habe ich mir die Frage gestellt, wo denn dieses Bauwerk einst gestanden haben mag. Um es gleich einleitend zu sagen, den von mir vermuteten Standort dieser „Moschee“ kann ich mit endgültiger Sicherheit nicht beweisen. Aber ich habe Anhaltspunkte: Herr Gaheis stand beim heutigen Goldfischteich als er davon schrieb „in einer geringen Entfernung“ davon auf die Türkische Moschee getroffen zu sein.

Entfernungsangaben wie „in geringer Entfernung“, „nahe bei“, „unweit von“ … sind natürlich ungemein dehnbare Begriffe und nicht in Meter, Meilen oder ähnlichen heute gebräuchliche Maßeinheiten umzurechnen. Wenn ich also wissen will wo sich diese „Moschee“ einst befunden hat, bin ich auf andere Unterlagen angewiesen. Unterlagen aus dieser Zeit als da sind: Beschreibungen, Bilder oder Karten. Mir steht lediglich eine Abbildung (eine Zeichnung von Lorenz Janscha) und eine Karte von Czollitz aus dieser Zeit zur Verfügung.

Auf der Karte von Czollitz („Aufnahms Brouillon 1803“) sind Gebäude und Standorte von Parkobjekten (wie Dianatempel, Haus der Laune, u.a.) rot markiert. Ein sehr markanter roter Punkt befindet sich tatsächlich „in einer geringen Entfernung“ von dem „großen Teich über welchen eine chinesische Brücke führt“. Dieser Teich als heute als Goldfischteich bekannt.

Ausschnitt aus Czollitz


Durch „Peilungen“ von heute noch unveränderten und bekannten Objekten kann man den Ort dieses „roten Punktes“ mit genügender Genauigkeit auf eine moderne Karte übertragen. Die erste Peilung verläuft vom Dianatempel zur Südspitze der Hühnerinsel im Schloßteich.



Die Zweite vom Sockel des ehemaligen Pavillons im Goldfischteich zum Haus der Laune. Im Schnittpunkt der beiden Geraden befindet sich der „rote Punkt“ bei Czollitz. Somit wäre ein Standort markiert, auf dem sich damals mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ein Parkobjekt befunden hat. Die „Türkische Moschee“???


Ausschnit von Czollitz

Standort übertragen auf Google Earth


Eine Zeichnung von Lorenz Janscha, die etwa um 1800 gezeichnet wurde, zeigt die „Moschee“ so, wie sie auch textlich von Gaheis und anderen Autoren dieser Zeit beschrieben wurde. Im Hintergrund sind allerdings recht deutlich das Gestell eines „Vogelschießens“ und das „Baum Cabinett“ zu erkennen. Das jedoch würde wiederum darauf deuten, daß die „Türkische Moschee“ im Bereich des kleinen Praters gestanden haben muß, denn meines Wissens wurde das „Vogelschießen“ lediglich dort erwähnt.



Nun ist die Entfernung vom Goldfischteich zum kleinen Prater mehr als doppelt so weit, als zu dem von mir vermuteten Standort. Es wäre zudem sehr seltsam, daß Herr Gaheis – nach seiner Beschreibung – am Vormittag den Prater besucht, in demselben sehr viele Gebäude und Objekte (Tische, Hütten, Küchen, eine Kegelbahn, eine Stellage für türkische Musik, Schaukeln, ein Lusthaus, dessen Dachvorsprung auf acht Säulen ruht) beschrieben, jedoch nichts von einem so markanten Objekt wie der „Moschee“ erwähnt hat. Am Nachmittag besucht er dann unter Anderem den Goldfischteich und sollte noch einmal den weiten Weg zurück zum Prater und dann wiederum zurückgegangen sein um zum „Haus der Laune“ zu gelangen? Glaub‘ ich einfach nicht. Für mich stand diese „Moschee“ dort, wo sich dieser dicke rote Punkt auf dem Plan bei Czollitz befindet.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen