Die türkische
Moschee,
Lorenz Janscha, Türkischer Pavillon in Laxenburg, Aquarell, um 1800, aus Geza Hajos 'Der malerische Landschaftspark in Laxenburg bei Wien' Seite 170, Photo: H.Suck |
In seiner Regierungszeit hat KaiserFranz II./I. im Schloßpark Laxenburg auch einige sehr skurrile Objekte errichten
lassen, von denen heute keine Spuren und kaum (mir zugängliche) Literatur
vorhanden sind. Verschiedene Autoren aus dieser Zeit haben in ihren
Beschreibungen des Schloßparks aber die Existenz dieser Gebilde nicht nur erwähnt,
sondern zum Teil auch deren Aussehen recht genau beschrieben.
Eines dieser kuriosen Objekte war eine „Türkische Moschee“ ein – aus ethnischen ebenso wie theologischen Gründen – heute wohl nicht mehr zu vertretendes Objekt, das auch als Ringelspiel oder Caroussel bezeichnet wurde. Man muß dem Kaiser aber zugute halten, daß es erst etwas mehr als hundert Jahre her war, daß das damalige Osmanische Reich das Reich seiner Vorgänger angegriffen und die Stadt Wien in kriegerischer Absicht belagert hatte (zweite Türkenbelagerung 1683).
Die Türkische Moschee,
1797 von Gottlieb Nigelli (das war ein österreichischer Architekt, *1746 Wien, †1812 Wien) geplant und gebaut, wurde in
Berichten und Wanderbeschreibungen sogar mehrfach erwähnt. Die Autoren Franz de
Paula Gaheis und Josef Widemann haben sie eindrucksvoll beschrieben:
Gaheis
weiß anläßlich eines Besuches von Laxenburg im Jahre 1801 darüber zu berichten:
„…
In einer geringen Entfernung [vom „Chinesischen
Teich“, der heute im Parkplan als Goldfischteich bezeichnet wird] trafen wir eine Türkische Moschee. Sie ist oben mit
dem Monde geziert, und aus dem Thurme ruft ein Türk zum Gebethe, weil diese
Nation keine Glocken gebraucht. Man geht auf steinernen Treppen hinan, und über
dem Eingang ist eine türkische Inschrift. Das Innere dieser Moschee stellt ein
Ringelspiel vor. Die Wände sind mit türkischen Insignien gezirt, und Pferde und
Wagen, die von Sklaven gezogen werden, geschmackvoll ausgeführt. An einem Pfahl
ist ein Türkenkopf als Ziel angebracht. Wenn er mitten auf die Stirn getroffen
wird, so fällt er mit großem Geräusch in zwey Theile von einander. Diese
wohlgerathene Anlage hat Herrn Nigelli zum Erfinder. ...“
Auch
Josef Widemann berichte 1803 von der türkischen Moschee:
„…
Das Zeichen des
wachsenden Mondes strahlt weit in die Ferne von der Spitze des Türmchens, aus
dem ein Türke sieben Mahle des Tages die Gläubigen zum Gebehte ruft. Eine
kleine Treppe führt durch eine offene auf zwei Säulen ruhende Vorhalle zur
Pforte, über welcher eine türkische Inschrift steht. Die Flügel rauschen auf,
und man erblickt – ein Ringelspiel. Der Türkenkopf, der, wenn er auf die Stirne
getroffen wird, sich öffnet, ist ein Werk des Herrn Hofarchitekten Nigelli. So
eilt der Moselin andachtsvoll in seinen Tempel, und sieht statt Lehrern der
Tugend und Wahrheit – rasende Derwische sich in mänadischem Taumel drehen. …“
Ein „nachhaltiger“,
ein viele Jahre überdauernder Bau war die Türkische Moschee, offensichtlich
nicht. Erst 1797 errichtet, mußten schon ein Jahr später, also 1798,
Renovierungsarbeiten durchgeführt werden. Wasser war aus dem feuchten Boden in
das Holzbauwerk eingedrungen und das ‚Ringelspiel‘ mußte trockengelegt werden. Im einen
„amtlichen“ Dokument liest sich das so:
„Da der
unterirdische Theil des Ringelspiels nur mit Ziegeln gepflastert ist und die
erforderliche Anstossung mit blauen Tögl als der einzige Widerstand gegen das
eindringende Wasser aus Unvorsichtigkeit gegenwärtig auf keine andere Art
abgeholfen werden kann, als das das Ziegelpflaster aufgebrochen, der alte Tögl
ausgegraben, ein frischer wohl abgearbeiteter mit aller Energie eingestossen
und der ganze unterirdische Theil mit harten abgefalzten in Wasserkütt versetzten
Steinplatten bedeckt werde.“ (HHStA,
SHLB, Fasz. 1 (Akten 1798-1804), Nr 4/1798, 26. März 1798)
Nur zwei Jahre
später, 1799, mußte die Türkische Moschee neuerlich wegen massiver
Wasserschäden repariert werden. Zuletzt wurde das Bauwerk in Berichten aus dem
Jahr 1807 erwähnt (Joseph Oehler und Johann Pezzl).
Natürlich habe ich
mir die Frage gestellt, wo denn dieses Bauwerk einst gestanden haben mag. Um es
gleich einleitend zu sagen, den von mir vermuteten Standort dieser „Moschee“
kann ich mit endgültiger Sicherheit nicht beweisen. Aber ich habe
Anhaltspunkte: Herr Gaheis stand beim heutigen Goldfischteich als er davon schrieb
„in einer geringen Entfernung“ davon auf die Türkische Moschee getroffen zu
sein.
Entfernungsangaben
wie „in geringer Entfernung“, „nahe bei“, „unweit von“ … sind natürlich ungemein
dehnbare Begriffe und nicht in Meter, Meilen oder ähnlichen heute gebräuchliche
Maßeinheiten umzurechnen. Wenn ich also wissen will wo sich diese „Moschee“
einst befunden hat, bin ich auf andere Unterlagen angewiesen. Unterlagen aus
dieser Zeit als da sind: Beschreibungen, Bilder oder Karten. Mir steht
lediglich eine Abbildung (eine Zeichnung von Lorenz Janscha) und eine Karte von
Czollitz aus dieser Zeit zur Verfügung.
Auf der Karte von
Czollitz („Aufnahms Brouillon 1803“) sind Gebäude und Standorte von
Parkobjekten (wie Dianatempel, Haus der Laune, u.a.) rot markiert. Ein sehr
markanter roter Punkt befindet sich tatsächlich „in einer geringen Entfernung“
von dem „großen Teich über welchen eine chinesische Brücke führt“. Dieser Teich als heute als Goldfischteich bekannt.
Ausschnitt aus Czollitz |
Durch „Peilungen“ von heute noch unveränderten und bekannten Objekten kann man den Ort dieses „roten Punktes“ mit genügender Genauigkeit auf eine moderne Karte übertragen. Die erste Peilung verläuft vom Dianatempel zur Südspitze der Hühnerinsel im Schloßteich.
Die Zweite vom Sockel des ehemaligen Pavillons im Goldfischteich zum Haus der Laune. Im Schnittpunkt der beiden Geraden befindet sich der „rote Punkt“ bei Czollitz. Somit wäre ein Standort markiert, auf dem sich damals mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ein Parkobjekt befunden hat. Die „Türkische Moschee“???
Ausschnit von Czollitz |
Standort übertragen auf Google Earth |
Eine Zeichnung von Lorenz Janscha, die etwa um 1800 gezeichnet wurde, zeigt die „Moschee“ so, wie sie auch textlich von Gaheis und anderen Autoren dieser Zeit beschrieben wurde. Im Hintergrund sind allerdings recht deutlich das Gestell eines „Vogelschießens“ und das „Baum Cabinett“ zu erkennen. Das jedoch würde wiederum darauf deuten, daß die „Türkische Moschee“ im Bereich des kleinen Praters gestanden haben muß, denn meines Wissens wurde das „Vogelschießen“ lediglich dort erwähnt.
Nun ist die Entfernung vom Goldfischteich zum kleinen Prater mehr als doppelt so weit, als zu dem von mir vermuteten Standort. Es wäre zudem sehr seltsam, daß Herr Gaheis – nach seiner Beschreibung – am Vormittag den Prater besucht, in demselben sehr viele Gebäude und Objekte (Tische, Hütten, Küchen, eine Kegelbahn, eine Stellage für türkische Musik, Schaukeln, ein Lusthaus, dessen Dachvorsprung auf acht Säulen ruht) beschrieben, jedoch nichts von einem so markanten Objekt wie der „Moschee“ erwähnt hat. Am Nachmittag besucht er dann unter Anderem den Goldfischteich und sollte noch einmal den weiten Weg zurück zum Prater und dann wiederum zurückgegangen sein um zum „Haus der Laune“ zu gelangen? Glaub‘ ich einfach nicht. Für mich stand diese „Moschee“ dort, wo sich dieser dicke rote Punkt auf dem Plan bei Czollitz befindet.
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